Blog: Januar

Donnerstag, 14.01.16

Dieser ist jetzt wirklich unglaublich unglaublich lang. Orientiert euch auf jeden Fall an den Überschriften und lasst weg, was sich weniger interessant anhört, es ist teilweise wirklich sehr Tagebuch-mäßig geworden. Aber geschrieben ist geschrieben, also warum sollte ich es löschen... Viel Spaß :)

Vorstellungsrunde

Lion 

Ist mein inzwischen ehemaliger Mitbewohner, der schon seit langer Zeit bei Sameth lebt und an der ersten Schule von SCAO unterrichtet. Er ist mit einer der DRK-Freiwilligen vom letzten Jahr zusammen und am 06.01 nach Deutschland geflogen, um bei der Firma von ihrem Vater zu arbeiten/ zu studieren/ iwie sowas. Wenn alles gut läuft, wird er also die nächsten 3,5 Jahre in Oldenburg leben. Es ist mega schade für mich, dass er gegangen ist, weil wir uns wirklich gut verstanden haben, aber für ihn ist es natürlich eine unglaubliche Chance. Und Oldenburg ist super nah an Bremen dran, das heißt ich werde ihn in Deutschland wiedersehen, und die Vorstellung ist halt echt witzig.

Sreylat

Ist auch bei Sameth aufgewachsen und inzwischen 24 Jahre alt, glaube ich. Sie ist mit Rithy verheiratet und bekommt in.. 1 Monat ihr Kind. Sie unterrichtet in SCAO1 und hat auch noch Privatklassen Zuhause. Außerdem ist sie meine Khmerlehrerin.

Chan

Wohnt ebenfalls seit langer Zeit bei Sameth, momentan passt er auf SCAO1  auf. Er geht selbst noch zur Schule und spricht auch weniger Englisch, als zB Lion, weswegen er auch kein Lehrer ist. Ricard

Ist 28 und kommt aus Spanien, aus Barcelona um genau zu sein, ich werde ihn definitiv besuchen! Er  ist seit ungf seit 2 Monaten Freiwilliger bei SCAO und er sagt, so langsam fühlt sich SCAO wie Zuhause an und deshalb ist es für ihn Zeit, wieder zu gehen. Eigentlich war Ricard Lehrer an SCAO2, aber als wir an SCAO1 einen Engpass hatten, hat er bei uns ausgeholfen, das war richtig richtig cool und spaßig. In Spanien hat er auch schon als Lehrer gearbeitet und war deshalb für uns sowas wie ein Teacher—teacher. Zusammen mit ihm haben wir mit den Abendklassen Tests geschrieben und sie neu sortiert und dank ihm benutzen wir jetzt die besten Bücher der Welt. 

Francisco

Ist 25 Jahre alt und kommt aus Chile. Er hat am 08. Dezember angefangen mit uns zu arbeiten und ist kurz nach Weihnachten wieder gefahren. Er war für mich der erste Kurzzeitfreiwillige und eine sehr angenehme, eigenständige Erfahrung. Vor allem voller Tatendrang und künstlerisch hochbegabt. 

Catherine

Ist aus Amerika und sowas wie ein Testkaninchen für eine potentielle Partnerorganisation, die sich vorstellen könnte in Zukunft Langzeitfreiwillige zu SCAO zu schicken. Deshalb sollte Catherine sich eine Woche SCAO2 und eine Woche SCAO1 anschauen und es ist wichtig gewesen, dass alles so glatt wie möglich läuft, damit wir eine zufriedene Catherine zu ihrer Organisation schicken können. Deshalb war es ziemlich ungünstig, dass ausgerechnet in dieser Zeit Jakos Freund Djulien uns besuchen kam, mit dem Jako natürlich auch Zeit verbringen wollte, weswegen er sich 3 Tage frei genommen hat. Diese drei Tage vor Weihnachten waren wirklich ein ziemliches Durcheinander und wir waren so unorganisiert, wie noch nie, aber Catherine scheint es nicht gestört zu haben, sie war sooo lieb und cool! Leider sind wir nicht dazu gekommen, zusammen Yoga zu machen :( Sie ist nämlich auch Yoga-Lehrerin.

Lotte

Ist eine neue Freiwillige, die ich letzten Mittwoch abgeholt habe, als ich Lion weggebracht habe. Sie ist 18, hat grad Abi gemacht, und bleibt so um die 5 Monate bei uns.

Nadin

Ist Mitte 30 und noch neuer als Lotte. Sie ist eine lange Freundin von André und kommt jetzt endlich dazu, für SCAO zu arbeiten, sie bleibt bis Mitte März.

Elena

Ist auch so 18-19 und noch mehr neu als Nadin, weswegen ich noch nicht so viel erzählen kann. 

Zweite Hochzeit

Sehr witzig, direkt nachdem ich den Blogeintrag geschrieben hab, hat Sreylat gefragt, ob ich auf eine Hochzeit von einem Verwandten von ihr in der Countryside mitkommen will. Ich musste dafür zwar Francisco und Catherine um Einsatz bitten, aber die beiden waren so göttlich und haben mir Ausgang gestattet. Ich hab ein Kleid von Sreylat bekommen, in das ich wie durch ein Wunder reingepasst habe. Wir sind zu ihrer Lieblingsnäherin gefahren, die eine tolle Hose besitzt und ich habe zum ersten mal Eis in Süßbrot gegessen, das war so lecker und kostet nur 50 Cent, richtig cool. Als ich im Beautyshop die Augen geöffnet habe, war der Anblick im Spiegel nicht mehr ganz so schockierend, wie beim ersten Mal, man gewöhnt sich wohl iwie dran haha. Zusammen mit Sreylat, ihrem Mann, ihrem Bruder, ihrer Schwester und dem Bruder von ihrem Mann sind wir im Auto 1 Stunde lang in die Countryside gefahren. 1000 Leute sollten zu der Hochzeit über den Tag verteilt kommen. Es war genau so eine Hochzeit, wo ich mal dabei sein wollte: Ein großes langes Zelt am Straßenrand, mit ganz vielen Tischen, kleiner Bühne mit Liveband und Gesang, und lauten Boxen. Vor Ort haben wir noch Sreylats Mama getroffen und Sreylats Bruder Seyha, der mir sein Moto verkauft hat. Alle zusammen haben wir uns einen Tisch geteilt und das große Essen und vor allem Trinken ging los. Ich hab von allem nur ein bisschen probiert, hat mir auch gereicht. Obwohl ich jetzt echt normal Fleisch esse, ist mir so manches noch nicht so ganz geheuer. Es wurde richtig lustig, ich habe viel herumgeguckt, es gab so viel zu sehen und zu hören. Reden konnte ich nicht zu viel, dafür reicht mein Khmer noch nicht und ich war auch etwas schüchtern. Am Ende wollten wir garnicht gehen, aber wir mussten ja zurück in die Stadt. Deshalb sind wir wieder vor dem Tanz abgehauen, leider. Ich hatte trotzdem wieder einen Heidenspaß.

Weihnachten

Wie habe ich Weihnachten verbracht? Am 24. sollte in SCAO 1 eine Party stattfinden. Dafür mussten wir einiges organisieren, zuerst in der Theorie, und in der Woche vor Weihnachten dann halt auch in der Praxis. Hinzu kam, dass Jako nicht da war und eine neue Freiwillige eingearbeitet werden musste. Außerdem haben Francisco und ich es uns zur Aufgabe gemacht, einen Christmastree zu basteln, natürlich recyclet.  Ich habe die gesamte Woche irgendwie nur 5 Stunden geschlafen und am heiligen Abend selbst hab ich mich dann echt gestresst gefühlt. In Deutschland war da iwie schon immer dieses besondere Gefühl uhhh heute ist Heiligabend, lecker Essen, hübsch Geschenke diesdas. Aber ich habs hier überhaupt nicht gemerkt, haha, iwann mitten in der Arbeit ist mir irgendwie dieser Gedanke gekommen, huch, heute ist ja eigl ein echt besonderer Tag! :D Naja, die Party ging um 3 los und hat vor allem mit den kleinen Kindern echt viel Spaß gemacht, es waren so viele! Normalerweise kommen die ja über den Tag verteilt in 20er Grüppchen, aber jetzt alle auf einem Haufen.... Es ist schön, irgendwie fast jedes der 150 Gesichter zu kennen und eine Geschichte dazu zu wissen und Freizeit mit ihnen zu verbringen. Mit ihnen zu essen, zu trinken, zu spielen, und zu tanzen.

Wir hatten quasi 2 Partys. Einmal für die Jüngeren und später für die Älteren. Die Party für die Kleinen war schön durchorganisiert mit Spielen, wie Balloon on the Back, Dancing Angels, The Lost Rendeer, und jeder Schüler hat ein belegtes Baguette, eine Wasserflasche und eine Zahnbürste mit Zahnpasta bekommen. Der Übergang der 2 Partys war aber derartig fließend, dass es total chaotisch geworden ist. Und dann denken Leute, ich sei diejenige, die den Überblick hat und das wäre fine, wenn ich den Überblick gehabt hätte, aber hatte ich nicht. Und solche Situationen stressen mich zutiefst. Ich wäre am liebsten einfach gegangen oder wenigstens eine Person ohne Verantwortung, ein Niemand auf einer normalen Party gewesen. Das Programm hat nicht so wie geplant geklappt und im Endeffekt haben wir 3 Stunden im Licht des wunderschönen Christmastrees durchgetanzt und das hat dann auch Spaß gemacht. Nach Müde kommt doof, kennt ihr ne? Deshalb war ich am Ende des Tages echt gut drauf. 

Für die Nacht war ich auf einer zweiten Weihnachtsparty eingeladen. Mit den deutschen Freiwilligen vom VJF in der Stadt. Wir wollten zusammen Pizza essen gehen, Wichteln, labern, und einfach bisschen deutsche Weihnachtsstimmung aufkommen lassen. Abbbeer unter all dem Stress unter der Woche musste ich nach der SCAO-Party erstmal meine Geschenke fertig stellen, was ich in vollen Zügen genossen habe, ich liebe Basteln. Danach ging es in die Stadt zuerst ins Hostel, um Gepäck abzuladen und ich bin dann doch noch bei einem Bier mit den SCAO-Leuten hängen geblieben. Nach wieder einmal langer Suche bin ich dann endlich beim Ziel angekommen und es war wirklich hübsch, wir hatten viel Deko, Kekse, nette Leute, einen Balkon, und Musik. Und Geschenke! Ich habe Malsachen bekommen, die ich in letzter Zeit sogar echt ordentlich benutzt habe :) Später sind wir zurück ins Hostel und mit den SCAO-Leuten losgezogen, um Feiern zu gehen, es war ein richtig spaßiger Abend. Möglich war das Ganze aber auch nur, weil wir großzügigerweise am 25. Dezember frei bekommen haben. Die Public Schools haben an Weihnachten nicht geschlossen, hier sind ja fast alle Buddhisten. Viele unser buddistischen SCAO-Schüler haben wir am 25. aber trotzdem in der Kirche getroffen. Dorthin hatte uns nämlich eine christliche Schülerin eingeladen. Es wurden diese so sehr bekannten Melodien in Khmer gesungen und sogar das Krippenspiel vorgeführt. Es war soo schön, und hat wirklich Erinnerungen an Deutschland geweckt. Danach sind wir zur zweiten Schule gefahren, Chan, Lion, und ich. In der Countryside oben auf dem Rooftop haben wir noch einen netten Abend zusammen verbracht, das erste Mal, dass alle Lehrer und Freiwilligen von SCAO vereint waren, seit ich hier bin.  Die Nacht war allerdings extrem schrecklich, ich hab sooo scheiße geschlafen und eins muss man der Countryside lassen: Die Luft ist wirklich extrem frisch. Also wenn man aus PP raus fährt, ist es, wie wenn man durch eine Mauer fährt und bääm auf einmal kann man wieder atmen. Dass vorher schlechte Luft war, merkt man erst auf der anderen Seite. Kennt ihr sicher, man merkt erst, dass in seinem Zimmer stickige Luft ist, wenn man den Raum verlässt oder betritt. Genauso ist es auch. Wie eine unsichtbare Mauer. Aaaber! Gute Luft hin und her, direkt neben ner Pagode (Gotteshaus) will ich echt nicht leben müssen, es war soooo laut! 

Alles in allem war es ein komplett anderes, nicht besonders weihnachtliches, aber wirklich cooles Weihnachten!

Schwimmbad

Am Sonntag nach Weihnachten wollte ich eigl ein Fußballspiel von meinem japanischen Freund anschauen, aber die Glücklichkeit (meine Göttin) wollte, dass ich um 10 aufs Klo gehe und mein stumm geschaltetes Handy checke, denn in genau dem Moment hat mich Sameth angerufen und gefragt, ob ich ins Schimmbad mitkommen will. Ich war noch völlig neben der Spur, weil grade erst aufgewacht, aber Hallooo wie doof muss man sein, um sich einen Ausflug ins Schwimmbad mit der whole Family entgehen zu lassen. Jako hatte keine Schwimmhose und war noch zu müde, deshalb ist er Zuhause geblieben. Ich hab mich ratzfatz fertig gemacht und bin vom Hostel nach Hause. Dort hab ich Frühstück bekommen und wir haben „Picknick“ vorbereitet: Reis und verschiedene Fleischarten und bissl Gemüse.2 Stunden später ging es dann im Van mit 12 Leuten los. Ich hab gefuttert und gefuttert, ich bin nun wirklich keine Vegetarierin mehr... aber das ist okay. Wenn es vegetarische leckere Alternativen gibt, dann bevorzuge ich diese, aber wenns sie nicht gibt, esse ich halt Fleisch. Das Schwimmbad war der Hammer ,ich war noch nie in sonem geilen Schwimmbad, war auch 3 Dollar Eintritt. Das Tolle waren nämlich riesige Rutschen, die in Kombi mit solchen Wasserbrettern echt Speed gegeben haben. Wäre in Deutschland  nicht möglich gewesen, wegen Sicherheitsmaßnahmen. Es hat so viel Spaß gemacht. Aber ich hätte mir nur in dem Moment gewünscht, nicht in Kambodscha zu sein. Denn hier ist es nicht möglich, die Jungs zu fragen, ob ich bei ihnen mitrutschen darf, das wäre ja schon quasi ein Hochzeitsantrag gewesen... In Kambodscha ist grundsätzlich nicht viel mit Freundschaften zwischen Männern und Frauen außerhalb der Familie. Selbst zusammen irgendwo Essen gehen, macht man eigentlich nur als Pärchen. Also musste ich halt alleine. Aber mit Long und Lemai, den jüngeren Kindern von Sameth, war zusammen Rutschen kein Problem und später konnte ich sogar Chan überreden. Ich will da unbedingt wieder hin!

Neben den Rutschen gab es große Picknickflächen, die von Grüppchen belagert wurden. Ich habe mich angepasst und ein Tshirt und eine kurze Hose anbehalten, aber ich bin trotzdem sehr aufgefallen. Ich war auch die einzige Ausländerin. Aber irgendwie auch schön zu wissen, als Teil der kambodschanischen Familie mit zu einem kambodschanischen Familienausflug zu kommen. Denn so hat es sich wirklich angefühlt, wie etwas ganz ganz besonderes. 

Sylvester

Am 31. mussten wir arbeiten, was mich ziemlich geärgert hat, weil ich so gezwungen war, in PP zu bleiben. Ich wäre gerne endlich mal in den Süden gefahren, an Kambodschas Strand nach Sihanoukville, da ist wohl immer eine ganz besondere NYE-party. Aber naja, konnte ich halt nicht,. Ist aber vllt auch gut so, hab nämlich eh kein Geld, bzw wenig, und brauch den Rest für meine Thaialdn-Holidays!!! (berichte weiter unten)

Nachdem die Woche iwie schön aber auch anstrengend war, war ich nach den Abendklassen auf einmal soooo müde. Wir sind ins Hostel und dann auf einen öffentlichen Platz mit Countdown. Das Feuerwerk war aber an einer anderen Stelle in PP, aber ich konnte es trotzdem aus einiger Entfernung beobachten. Ich war in dem Moment einfach sooo glücklich. Ach Moment, der 31. war ja eigl der tolle Tag, als ich euch die kurze Mail geschrieben habe. Grund: Ich habe eine Gamer Lounge ausprobiert und „League of Legends“ wieder für mich entdeckt, das Computerspiel, dem ich vieeeeele meiner Freundschaften verdanke. Als ich den Raum betreten habe, hab ich vor Aufregung gezittert. Und die Stimmen zu hören, die vor Freude oder Verärgerung schreien, hat mich so sehr an meine Freunde Zuhause erinnert. Es war ein unglaubliches Gefühl nach 5 Monaten Pause dieses Surrounding wieder zu haben. Außerdem habe ich die Hoffnung, auch hier Anschluss an die Community zu bekommen und LoL noch mehr neue Freunde zu verdanken *_*

Naja, als ich dieses Feuerwerk beobachtet habe, habe ich meine Göttin durch mich strömen fließen spüren können und es war einfach soooo schön. Wir haben uns alle gegenseitig umarmt und waren happy. Silvester ist glaub ich der wichtigste Feiertag für mich. Er ist so real. Jetzt fangen wir einen neuen Kalender an, schreiben nicht mehr 2015, sondern 2016 und seit 2016 Jahren schreiben wir jedes Jahr wieder eine neue Zahl (vielleicht) und ach es ist einfach so WIRKLICH!

Die Reaktion der Kambodschaner war ganz ganz anders, als unsere. Sie haben nicht das Feuerwerk, sondern die Superstars auf der Bühne beobachtet, die keine Ahnung was „Happy New Year“ gerufen haben und hin und her gewackelt sind. Niemand hat vor Freude geschrien und niemand ist vor Freude herumgehüpft und niemand hat sich umarmt. Außer wir halt. Das war etwas befremdlich. Mag aber daran liegen, dass das ja bloß international New Years Eve ist. Kambodschaner haben noch ihr eigenes Khmer New Year, das feiern sie dann wahrscheinlich etwas größer. 

Ich hab Silvester sonst fast immer mit meiner Familie verbracht, weil in Meyenburg bei uns dick gefeiert wurde oder wir im Skiurlaub waren. Letztes Jahr an Silvester waren wir in Schweden und ich habe meine Freunde, die zsm in Deutschland gefeiert haben, sooo sehr vermisst. So sehr, dass es richtig weh tat, dass ich geheult habe, sehr viel geheult. 

Vermissen

Besonders wegen diesem Silvester wusste ich, wie schmerzhaft es sein kann, jemanden zu vermissen. Und genau weil ich wusste, wie schmerzhaft dieses Gefühl ist, hatte ich Angst vor Kambodscha. Nein, also ich kann mich nicht daran erinnern, Angst gehabt zu haben, aber das war so meine einzige Sorge, die einzigen Bedenken, die ich hatte. Aber ich hatte in Kambodscha nie das Gefühl, jemanden dermaßen zu vermissen, dass ich heulen musste. Zumindest kann ich mich grade nicht mehr dran erinnern. Ich fühle mich hier so wohl, ich fühle mich hier im Moment so Zuhause, so selbstsändig Zuhause, wie noch nie in meinem Leben. Das liegt vor allem an meinem Moto und daran, dass meine festen Anlaufpunkte weg sind, wie Julia und Eileen und dass Jako mit seinem Freund beschäftigt war. Dadurch bin ich mehr auf mich allein gestellt. Ein Individuum, das andere Individuen trifft. Ich habe viele Einzelpersonen ,die ich meine „Freunde“ nennen würde, und das ist so anders als in Deutschland, wo ich meine 2 festen Freundeskreise hatte und später in der Schule noch mehr andere Leute kennen gelernt habe. Aber ich war immer eine Person, die sich eigentlich nie mit Einzelpersonen getroffen hat, sondern lieber in Gruppen gechillt hat und das ist hier halt ganz anders geworden. Ich hab mich wirklich schon geändert und das ist guuut. 

Watch boxing with Pisey
Watch boxing with Pisey

Livemusik

Ein gutes Beispiel für diese Selbstständigkeit ist die Nacht, in der ich beschlossen habe, endlich mal wieder Livemusik anzuschauen. Ich habe eine Bar gefunden, in der RocknRoll oderso Zuhause ist und bin da alleine hin. Als die Band dann auf die Bühne kam, kam mir der Sänger irgendwie bekannt vor. Ja, ich kannte ihn aus Kampot, er hat in dem selben Hostel gearbeitet, in dem ich da gewohnt habe. Auch er hat mich wiedererkannt. Und die haben echt coole Musik gemacht und ich konnte wirklich tanzen. Ich habe natürlich nichts getrunken (ich gebe grundsätzlich in Bars kein Geld aus, ich bin geizig). Und ich dachte mir, wie cool es wäre, danach mit der Band zu chillen, omg wie awesome wäre das denn. Und was geschieht? Nach dem Auftritt labern wir und er lädt mich zu den anderen Leuten an den Tisch und ich chille mit der Band! Ich rede mit dem Schlagzeuger, den ich von unten bewundernd begafft habe und er erzählt mir, dass er das Gegaffe bemerkt hat haha... Und nach ner Stunde verlassen wir die Bar und gehen in den größten Club von PP, ins Pontoon. Und da treffe ich zwei der deutschen Freiwilligen, meinen Japaner, und einen Freund, den ich mit Eileen und Julia kennen gelernt habe und lerne außerdem einen Freund eines Freundes kennen, den ich seit dem jedes Mal wieder im Pontoon getroffen habe. Und mit allen macht es Spaß. Das war einfach so der Hammer. Ich bin alleine losgezogen und habe uuunglaublich viele Leute getroffen und kennen gelernt!

Umzug

Am Montagmorgen kommt Jako auf einmal hereingestürmt und erklärt Lion und mir, wir sollen zusammenpacken, wir ziehen jetzt um. Daraufhin haben wir klägliche Versuche des Zusammenpackens unternommen, doch dann hab ich doch Sameth angerufen und nochmal nachgefragt. Neinnein, wir sollen bloß sauber machen und ein bisschen zusammenpacken, damit der Hausbesitzer sich sein Haus mal angucken und auf Mängel Prüfen kann. Uff. Der Gedanke an Umziehen hat mich natürlich super glücklich gemacht, aber irgendwie kam das doch ein bisschen plötzlich. So hatten wir wenigstens ein paar Tage mehr Zeit. Der Montag war eh stressig, weil alle Klassen wieder durcheinander gewürfelt waren, weil ein neuer Monat angefangen hat, und die Schüler jetzt zu einer anderen Zeit ihre Klassen in der Public school haben und deshalb auch zu einer anderen Zeit zu SCAO kommen. Das wechselt monatlich. Außerdem müssen wir Lions Stunden ersetzen, er ist ja nicht mehr da. Den habe ich nämlich nach einer kurzen Nacht (wir mussten Djuliens Abschied zelebrieren) am Mittwochmittag zum Flughafen gebracht und eine neue Freiwillige direkt mitgenommen. Charlotte ist 18 und ebenfalls aus Deutschland. Wieder Zuhause hat uns Jako veröffentlicht, dass am Donnerstagmorgen um 9 Umzug angesagt ist! Unser neues Haus ist direkt neben der Schule, es hat 4 Stockwerke inklusive Dachterrasse, eine große Küche, die Möglichkeit für einen zusätzlichen Klassenraum, Jako und ich haben unsere Einzelzimmer uuund es ist 100 Dollar billiger.

Ich habe mich die ganze Zeit auf den Umzug gefreut, aber als ich dann den Tag über hundert mal zwischen dem neuen und dem alten Haus hin und her gefahren bin, ist mir bewusst geworden, dass ich diesen so vertrauten Weg in Zukunft nicht mehr fahren muss, um zur Schule zu kommen. Ich bin diese Strecke sehr gerne gefahren, man hat immer freundliche oder sogar bekannte Gesichter gesehen. Auch ein komisches Gefühl war es, meiner Nachbarin von der Laundry den Umzug zu erklären und zu versichern, in Zukunft trotzdem für die Wäsche zu ihr zu kommen. Außerdem haben wir dank Catherine vor 2 Wochen ein superleckeres Internetcafe entdeckt, was wir nun auch zurück lassen werden... Naja, ich werde natürlich zu Besuch kommen, es ist halt nicht mehr ein 3-Weg Gang zu Fuß, sondern mit dem Moto. 

Auf jeden Fall haben diese Gefühle mich überrascht. Eigentlich dachte ich, dass ich das alte Haus überhaupt nicht mehr mag und unbedingt weg will. Aber im Endeffekt war es doch sehr komisch, umzuziehen. Nichtsdestotrotz ist das neue Haus extrem klasse und ich bin sicher, ich werde auch in dieser Nachbarschaft Dinge finden, wo mein Herz hängen bleiben wird. Ich bin schließlich immer noch in Kambodscha :P Bisher verstehen wir uns mit unserem Nachbar sogar sehr gut, wir haben mehr mit ihm zu tun, als mit den alten, ich bin sehr zuversichtlich :)

Beim Umzug hat die gesamte Familie mitgeholfen, und am Ende des Tages waren wir alle gemeinsam auch echt fertig. Ich hab am Ende noch zusammen mit Sameth und seiner Frau richtig sauber gemacht. Es fühlt sich wirklich wie eine Familie an. In Kambodscha muss nicht der Vermieter dafür sorgen, dass alles im Haus heile ist und gut läuft, sondern der Mieter. In Deutschland ist es doch andersrum oder nicht?! Für unser neues Haus hat Sameth uns ein rohes Huhn und Früchte mitgebracht und ein Gebet an unseren Hausgeist gesprochen, um gutes Glück für alle zu beschwören. Die Hälfte vom Huhn hat er dann wieder mitgenommen und später haben wir den Kindern auch noch den Rest gegeben xD So richtig trauen wir uns ans Fleisch selbermachen immernoch nicht ran haha. Um das Haus richtig einzuweihen, haben wir Samstagabend eine dicke Grillparty auf der Dachterrasse gemacht, das war sehr spaßig ^-^

Neuer Alltag

Nachdem die letzte Woche mit Arbeit voll beladen war, weil Jako und ich nur zu zweit waren, habe ich Lion zum Flugafen gebracht, eine neue Freiwillige abgeholt, und wir sind einen Tag später umgezogen. Das ist wie ein Start von 0. Von vorne. Wegen dem Engpass haben wir die Klassen so sehr zusammen gelegt wie möglich, wodurch sie größér und anstrengender, aber dafür von der Anzahl weniger sind.  Inzwischen haben wir noch 3 weitere Freiwillige und wenn ich aus Thailand zurück bin, können wir auch wieder kleinere Klassen machen. Ich habe momentan 2 Beginner-klassen und 2 Elementary-klassen, mit denen ich jeweils genau das selbe mache, also schlage ich 4 Fliegen mit 2 Klappen, if you know what i mean. Das ist ziemlich gut, vor allem weil ich ein Mensch bin, der beim ersten Mal viele Fehler macht und fürs zweite Mal dann aus ihnen lernt. Die zweite Klasse wird dann immer richtig gut, nachdem die erste bisschen schwieriger war. Anfänglich hatte ich echt Probleme mit der Lehreraufgabe, aber inzwischen ist es total easy. Ich bereite meine Klassen mit dem Buch ordentlich vor, dann unterrichte ich die erste, hab Probleme, dann die zweite und hab richtig Spaß. Nadin hat mir als Einarbeitung zugeguckt und gesagt, sie dachte ich würde auf jeden Fall Lehrer werden. Das war voll das krasse Kompliment. Mal gucken welche Klassen ich jetzt an die neuen Freiwilligen abgeben werden muss. Im neuen Haus haben wir auch einen neuen Klassenraum eingerichtet, um drei Klassen gleichzeitig unterrichten zu können. Am Dienstag bin ich zum ersten Mal mit ihnen rüber gegangen und das war ein wirklich witziges Gefühl. Wie ne Mama mit ihrer Herde. Weil wir noch keinen Tisch haben, haben wir alle zusammen auf dem Boden Unterricht gehabt. Aber ein Tisch ist schon gesichtet und wir werden wohl sogar Holzstühle bekommen! Dank Reinhold, ebenfalls ein Deutscher, der seinen Job beendet hat und uns momentan für 2 Monate wieder aushilft, er ist schon seit vielen Jahren ein Freund von SCAO und wirklich eine liebe Seele.

Thailand

Eigentlich wollte ich den Text vor Thailand hochladen, aber bin nicht an Wifi gekommen und war auch beschäftigt genug. Ich bin Mittwochabend Richtung Bangkok aufgebrochen und die erste Besonderheit war, dass der Reifen von Jakos Moto geplatzt ist. Zum Glück ist er früher Motorcross oderso gefahren und hat Übung mit solchen Aktionen... Zum Glück. Die Busfahrt verlief ziemlich gut, aber ich hasse Grenzübergänge, ich mach immer alles falsch und verlaufe mich. Aber ich verlaufe mich lieber alleine, als zu zweit, weil sonst ist immer einer Schuld, der entscheidet in welche Richtung es gehen soll, hahaha. Iwann sind wir auf einmal in der Stadt und überall sind rieeesige Hochhäuser und ich habe echt Bammel bekommen. Der erste Eindruck war wirklich furchteinflößend. Ich glaube Bangkok ist die größte Stadt in der ich je in meinem Leben war. Und dann hält der Bus an und wir sind einfach da und ich muss aussteigen. Zum Glück hab ich mich super mit den Busfahrer verstanden und er hat mir ein Tuktuk organisert. Der Verkehr ist heir vieeeel schneller als in Kambodscha. Die Leute rasen und bremsen ab und rasen wieder los. Außerdem gibt es viel weniger Motos, stattdessen Taxen und Autos und Busse. Ich wusste ungefähr in welchem Viertel ich ein Hostel finden wollte und hab mich da dann rauswerfen lassen. Wenn ich im Ausland bin merke ich erst, wie viel Khmer ich kann. Ich kann wirklich viel Khmer! Und ich kann überhaupt kein Thai und das will ich ändern. Deswegen habe ich einen Thailänder und seine Schwester nach ein paar Vokabeln gefragt. Später haben die zwei mich dann noch in das Viertel gebracht, wo ich ungefähr hin wollte, ich hatte ja kein Internet und wusste deshalb nicht, wohin genau. Bin dann einfach in irgendein billiges Hostel mit Wifi gegangen und hab jetzt Herausgefunden, dass ich direkt, also wirklich DIREKT da bin, wo ich sein wollte. Ich kann mein Glück immer noch nicht fassen, dieser Trip startet perfekt. Morgen geht’s nach Pattaya City und von da aus zum Festival. Was ich danach mache, weiß ich noch nicht. Zurück geht’s wahrscheinlich am 23. Januar.

 

Ich hab euch alle lieb und ich sage einfach mal nicht, dass ich mich in Zukunft häufiger melden werde, weil es anscheinend einfach nicht möglich ist... Entschuldigt die Länge, ich kann einfach nicht anders.

Liebe Grüße!

Eure Inka